Branchenschwerpunkt Handel: 79 ERP-Systeme im Vergleich
Lesedauer: 4 Minuten

Die Auswertung zur aktuellen Marktübersicht stellt die teilnehmenden Systeme gegenüber und zeigt Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede auf. Dabei wird auf alle Funktionsbereiche der Detailtabellen im Anschluss an den Beitrag eingegangen. Näher betrachtete Themen sind die Stammdaten und Schnittstellen der Handels-ERP-Systeme. Handelsunternehmen unterliegen vielen Herausforderungen. Als Beispiele sind der enorme Konkurrenzdruck, die Forderung nach stationärem und elektronischem Erwerb sowie die komplexe Position als Abhängiger vom Hersteller, der gleichzeitig Mitbewerber sein kann, genannt. Darüber hinaus soll nebenbei eine möglichst authentische aber trotzdem umfassende Kundenkommunikation durchgeführt werden. [1] Allein für diese Anzahl von Problemfeldern ist die Unterstützung mit IT-Systemen gegenwärtig undenkbar. Diese wiederum zu finden ist eine weitere Herausforderung, die es zu bewältigen gilt.
Die vorliegende Marktübersicht für ERP-Systeme mit dem Branchenfokus Handel umfasst 79 Lösungen von 74 Anbietern oder Herstellern. Die IT-Lösungen spezialisieren sich auf unterschiedliche Betriebsformen: Knapp die Hälfte ist für den Großhandel geeignet, 44 % für den mehrstufigen Handel, bei dem z. B. sowohl Produktion als auch Handel vom gleichen Unternehmen betrieben werden. Zum nicht-stationären Handel zählt der Versandhandel, der von 35 % als Spezialisierung angegeben wird. Den vollständigen Überblick bietet Bild 1. Dort ist auch ersichtlich, dass 41 % branchenunabhängig zu verwenden sind.
Standardfunktionen
Innerhalb der Marktübersicht wurden mehrere relevante Funktionsbereiche für Handelsunternehmen untersucht. Der größte Teil der jeweilig abgefragten Module ist bei vielen ERP-Systemen im Standard implementiert. Hervorstechend ist der Einkauf, wo dies bei jeweils über 80 % der Systeme der Fall ist. Ähnlich hohe Zahlen weisen Module der Bereiche Logistik, Reporting und Verkauf und Point of Sale auf.
Eigen- oder Fremdlieferung
Um die Funktionsabdeckung genauer abzubilden, bekamen die Anbieter die Chance einzelne Features zu unterteilen in ‚integriertes Modul‘ (I), was bedeutet der Anbieter liefert selbst, und ‚Partnerprodukt‘ (P), also die Lieferung durch ein Produkt eines Geschäftspartners. Kundenkommunikation weist die meisten Nennungen für Partnerprodukte auf.
E-Mail-Kampagnen (18 Nennungen) und Computer Telephony Integration (20 Nennungen) belegen dabei die ersten beiden Plätze. Beim Einkauf ist die Fremdlieferung mit nur 7 Nennungen am geringsten. Den Höchstwert für die Abdeckung durch ein Partnerprodukt hat das Modul Kassensysteme im Bereich Verkauf und Point of Sale, bei dem 35 % nicht aus eigener Entwicklung stammen.
Alleinstellungsmerkmale
Mehrere Module weisen nur wenige Systeme auf und eignen sich daher um eine Vorauswahl zu treffen, wenn diese kritische k. o.-Kriterien bei einer ERP-Auswahl sind. Dazu gehören u. a. in der Logistik die Tourenverwaltung, die zu 53 % integriert ist und mit 23 % als Partnerprodukt angebunden, im Verkauf und Point of Sale das Social CRM, welches nur 30 % implementiert haben und 18 % via Partnerprodukt anbieten sowie beim Reporting eine Revisionsanalyse, die 35 % standardmäßig liefern und 19 % über eine Fremdlieferung abbilden. Bild 2 gibt einen Überblick über eine Auswahl an möglichen Alleinstellungsmerkmalen.
Stammdaten
Das ERP-System mit seinen Stammdaten agiert meist auch als Basis für weitere IT-Systeme. Ein Konzept das den Vorteil hat redundante Datenhaltung sowie fehlerhafte Doppeleingabe zu vermeiden. Fehler oder Lücken haben dann jedoch abteilungsübergreifende Auswirkungen. Die teilnehmenden ERP-Systeme bieten im Standard eine hohe Zahl an Stammdatentypen an. Defizite zeigen sich lediglich bei der Klassifizierung von Filialen und der Hinterlegung von Rezepturen. Im Bereich Sonstiges nannten einzelne Anbieter u. a. Ersatzartikel, Preisstufen und Katalogartikel.
Schnittstellen
Für ERP-Systeme sind Schnittstellen unverzichtbar, da so verschiedene Zusatzsysteme angebunden werden können. In der Handelsbranche ist beispielsweise eine Schnittstelle zu einem Webshop erforderlich, um der Nachfrage auch im Internet nachkommen zu können. Eine solche haben 86 % der untersuchten Systeme. Weiterhin zählen Intrastat (Innergemeinschaftliche Handelsstatistik) und EDIFACT (Electronic Data Interchange Format for Administration, Commerce and Transport) zu den häufiger angegebenen Schnittstellen. Darüber hinaus wurde DATEV achtmal als sonstige Schnittstelle genannt. Dieses Format wird genutzt um buchhalterische Daten genormt auszutauschen.
Fazit
Die Schwächen der ERP-Systeme sind gleich auf fünf von sechs Funktionsbereichen verteilt. Lediglich der Einkauf wird von allen Systemen beinahe vollständig bedient. Dem stehen sehr hohe Abdeckungen vieler Funktionen gegenüber. Anwendern wird empfohlen Anforderungen, die ihre Wettbewerbsvorteile ausmachen, als ausschlaggebende Kriterien hervorzuheben, um keinen Nachteil aus einer ERP-Modernisierung oder -Neueinführung zu ziehen. Der Gesprächsbedarf zwischen Anbietern und Anwendern sollte an dieser Stelle nicht unterschätzt werden.