Make American ERP great again
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Warum tun sich amerikanische Softwareanbieter so schwer, auf dem deutschen Markt Fuss zu fassen. Das ist eine Frage, die sich Dr. ERPel bereits des öfteren gestellt hat. Die Erfinder des Marketing und des Silicon Valley überlassen der SAP und zwanzig deutschen Mittelständlern das Feld? Neulich, bei der Anbieterpräsentation, wurde diese Frage sehr gründlich beantwortet.
„God’s own software country“
Ein sehr großer US-amerikanischer Anbieter wird eingeladen zu einer szenariobasierten Anbieterpräsentation. Ein großer deutscher Omnichannel-Händler sucht nach einem Ersatz für seine Individuallösung. Wie bei der Eroberung eines arabischen Despotenstaates üblich, erscheinen die Amerikaner in großer Mannschaftsstärke, nämlich mit acht Personen. Nur drei davon sagen etwas, vermutlich sind die anderen vom ERP-Geheimdienst oder eingebettete Beobachter – nur warum?
„German’s just another word for nothing more to loose…“
Der Kunde macht die Hälfte seines neunstelligen Umsatzes in Deutschland und beschäftigte hier auch mehr als 1.000 Mitarbeiter. Daher fragt er nach einer deutschen Bilanz und einer deutschen Gewinn- und Verlustrechnung. Die verblüffende Antwort des Anbieters: Man habe einen hervorragenden Reportgenerator und könne in kurzer Zeit jede beliebige Auswertung erzeugen. Also sicher auch die Umsatzsteuervoranmeldung (1/11)? So etwas sollte ein ERP-System schon mitbringen, denkt sich Dr. ERPel. Gibt es Masken in deutscher Sprache, fragt der potenzielle Kunde? Nein, sagt der Anbieter, aber das könne man ganz leicht anpassen. Gibt es Daten einer deutschen Musterfirma, fragt der nicht mehr ganz so potenzielle Kunde. Nein, sagt der Anbieter, im System wird immer nach Dumbstown, Ohio, geliefert und berechnet.
„Gestern Abend hat es noch funktioniert“
Das System, also eigentlich ein Verhau von Systemen und Oberflächen, das auf verschiedenen Rechnern an verschiedenen Beamern präsentiert wird, zeigt sich auch inhaltlich eher sperrig. Bei Umlagerungen kommt es (wie in der Praxis?) zu unerklärlichen Rätseln. Der Bestand wird umgebucht und bleibt doch gleich. Ratlosigkeit beim Team des Anbieters und auch bei Dr. ERPel.
So wird das nichts mit der Erzielung eines großen Marktanteils. Einer der acht Mavericks beklagt dann auch noch, die Zentrale gäbe zu wenig für Marketing aus.
Dr. ERPel meint: versagt hat hier nicht die Zentrale, denn das Produkt hat es ja bis zum Kunden geschafft. Versagt hat hier, auf ganzer Linie, die deutsche Landesgesellschaft, die offenbar selig schläft.