Einsatz von RPA im Unternehmen
Erfahrungen aus einem Proof-of-Concept in der Bundesdruckerei Gruppe
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Unter dem Begriff Robotic Process Automation (RPA) werden Softwareroboter zusammengefasst, die vorwiegend administrative Aufgaben automatisieren können. In diesem Beitrag wird ein Projekt der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) vorgestellt. Mithilfe der Erstellung von Proof-of-Concepts konnten die Einsatzmöglichkeiten von RPA in der Bundesdruckerei Gruppe evaluiert werden.
Der Begriff „RPA“ ist der Oberbegriff für Anwendungen, mit denen sich die Bearbeitungsschritte von Anwendern in IT-Systemen über einen Softwareroboter automatisieren lassen. Die Bots ahmen dabei im Rahmen eines Workflows Benutzerinteraktionen wie z. B. Log-in-Vorgänge in Systeme, das Öffnen von Webseiten, Tastatureingaben oder Copy-Paste von Daten nach. Die Einrichtung der Bot-Workflows erfolgt bei RPA entweder über Coding oder über „Low-Code“- bzw. „No-Code“-Ansätze. Diese ermöglichen auch Anwendern mit geringen oder keinen Programmierkenntnissen Bots umzusetzen [1].
Gut geeignet für den Einsatz von RPA sind repetitive Prozesse, die nach einem festen Schema ablaufen, strukturierte Daten aufweisen und häufig durchgeführt werden. Ein Beispiel für einen derartigen Ablauf ist die Erstellung eines wöchentlichen Umsatzreports im Rechnungswesen: Hierzu loggt sich der Bot in einem ERP-System ein, ruft die entsprechenden Umsätze auf, gibt die abgelaufene Kalenderwoche als Berichtszeitraum ein, kopiert die dann angezeigten Werte in eine Zwischenablage, öffnet eine Excel-Datei, fügt die Daten aus der Zwischenablage ein, erstellt aus der Excel-Datei eine PDF-Datei und verschickt diese als E-Mail an einen definierten Empfängerkreis. Lassen sich keine Umsätze auffinden oder bricht der Prozess an einer Stelle ab, wird anstelle des Umsatzreports eine Fehlermeldung versendet [2].

Bild 1: Rollenaufteilung im Studierenden-Projektteam.
Die RPA-Anwendungen werden in einen „attended“ und „unattended“ Mode unterteilt: Im „attended“ Mode arbeiten die Bots mit den Benutzerdaten eines Anwenders lokal auf dessen PC und werden vom Anwender beaufsichtigt. Häufig startet der Nutzer einen RPA-Workflow manuell oder führt Teilschritte innerhalb eines Workflows selbst durch. Der „unattended“ Mode läuft hingegen für den Anwender nicht sichtbar im Hintergrund auf einer virtuellen Maschine mit eigens dafür definierten Berechtigungen ab. Bekannte Anbieter für RPA sind zum Beispiel UiPath, Automation Anywhere und Blue Prism [3]. Auch der deutsche Konzern SAP SE gewinnt durch die Übernahme des RPA-Anbieters Contextor und umfassende Investitionen in die Technologie zunehmend Marktanteile. Das unter dem Produktnamen „Intelligent RPA“ geführte SAP-Produkt wurde im RPA-Report von Forrester im Jahr 2021 als Strong Performer eingestuft [4].
Die genannten Anbieter entwickeln die RPA-Anwendungen stetig weiter. Ein wichtiger Baustein ist aktuell die Integration von künstlicher Intelligenz in den RPA-Anwendungen. Beispiele hierfür sind der Einsatz von maschinellem Lernen und die Erkennung natürlicher Sprache (Natural Language Processing), um relevante, aber unstrukturierte Inhalte aus E-Mails zu extrahieren und der RPA-Anwendung als strukturierte Daten bereitzustellen. Die RPA-Anwendung übernimmt dann diese Daten und kann damit Buchungen in einem nachgelagerten ERP- oder CRM-System vornehmen [5].
Digitale Transformation von Verwaltungsprozessen in der Bundesdruckerei Gruppe
Die Bundesdruckerei Gruppe hat eine digitale Transformation erfolgreich durchlaufen. Während in der Vergangenheit vorwiegend physische Produkte, wie z. B. die Herstellung von Banknoten, Personalausweisen und Reisepässen, den Großteil des Umsatzes ausmachten, rücken jetzt digitale Produkte und Dienstleistungen unter dem Oberbegriff „Sicherheitslösungen Made in Germany“ verstärkt in den Fokus des Produktportfolios. Dazu gehören beispielsweise der Betrieb eines Trust-Centers im Konzernunternehmen „D-Trust“ mit der Bereitstellung von SSL-Zertifikaten und digitalen Signaturen, die Bereitstellung von Telematikinfrastrukturen zur Digitalisierung von Arztpraxen, der Aufbau und Betrieb von Blockchain-Systemen oder der Aufbau eines Bundesportals zur sicheren Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung.
Auch die unterstützenden, internen Verwaltungsprozesse wurden und werden sukzessive digitalisiert. So hat die Bundesdruckerei GmbH bereits frühzeitig im Jahr 2015 das In-Memory-Datenbanksystem HANA für ihre SAP-Systeme implementiert und auf dieser Basis eine Vielzahl von Prozessen neu definiert bzw. automatisiert.
Begleitend wird evaluiert, ob es für den Einsatz disruptiver Technologien wie künstlicher Intelligenz, RPA und Blockchain sinnvolle Anwendungsfälle im kaufmännischen Bereich gibt.
Zur Evaluierung von RPA hat der Leiter „Business Process Management and Master Data“ (Bereich Finance und Purchasing) im Rahmen einer bestehenden Kooperation die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin um Unterstützung gebeten. Ziel war die Erstellung von Proof-of-Concepts für die zuvor als Evaluierungsgegenstand ausgewählten Prozesse „Erfassung von Auftragsbestätigungen in SAP“, „Business Partner Onboarding in SAP“ und die „Überprüfung des Status von Materialstammdaten in SAP“.
Ein „Proof-of-Concept“ ist häufig eine erste Projektphase in einem Projekt zur Einführung von RPA. Hier wird zunächst die grundsätzliche Eignung von RPA an einem Beispielprozess überprüft und ein erster Prototyp umgesetzt. Erst nach einem erfolgreichen „Proof-of-Concept“ schließen sich weitere Projektphasen an, in denen sukzessive produktive Bots für verschiedene Prozesse erstellt und eine technische Infrastruktur aufgebaut werden [6].
Action Learning in Data Science and RPA
Die Evaluierung des Einsatzes von RPA der Bundesdruckerei Gruppe wurde im Rahmen eines „Action Learning”-Ansatzes erarbeitet. Bei Action Learning arbeitet ein interdisziplinäres Studierenden-Team über ein komplettes Semester an realen und herausfordernden Aufgaben eines Unternehmens. Durch die Anwendung von Action Learning entsteht ein gleichermaßen doppelter Nutzen: