Dr. Tim Jeske ist wissenschaftlicher Experte des ifaa zu den Themen Industrie 4.0 und Produktions- und Prozessoptimierung.
Wie würden Sie den Begriff „Digitale Transformation“ erklären?
Der zunehmende Einsatz digitaler Technologien in Unternehmen führt zu vielseitigen Veränderungen in Informations- und Kommunikationsprozessen. Informationen werden sehr schnell verfügbar und teilweise in Echtzeit nutzbar. In der Folge lassen sich auch zugehörige Prozesse weiterentwickeln oder neu gestalten. Gleichermaßen können Produkte weiterentwickelt und um datenbasierte Zusatzleistungen ergänzt werden. Dies kann dazu führen, dass Geschäftsmodelle abgelöst, weiterentwickelt oder neu entworfen werden. Der Einsatz digitaler Technologien und der damit verbundene Veränderungsprozess betrifft daher langfristig die gesamte Organisation und wird deshalb als digitaler Transformationsprozess bezeichnet. Im industriellen Umfeld werden diese Veränderungen auch als Wandel zur Industrie 4.0 benannt.
Welche wichtigen Treiber der digitalen Transformation können Sie benennen?
Die Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und Fortbestand eines Unternehmens erfordert dessen beständige Anpassung an Marktsituation und Kundenbedarfe – bspw. im Rahmen des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Dazu gehört eine Prüfung des Nutzens neuer Möglichkeiten, wie sie sich u. a. aus der Digitalisierung ergeben. Sie erlaubt völlig neue Geschäftsmodelle, die oftmals das Potenzial haben, bestehende bisher erfolgreiche Modelle kurzfristig abzulösen. Die Sicherung bzw. Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells ist daher ein wesentlicher Treiber. Gleichermaßen werden große Produktivitätszuwächse erwartet – diese tragen sowohl dazu bei, die Wettbewerbsposition zu verbessern als auch dem Fachkräftemangel zu begegnen und mit dem demografischen Wandel umzugehen. Hierzu kommen insbesondere Assistenzsysteme zum Einsatz; diese können den Menschen von körperlich anstrengenden sowie von durch Routine geprägten Tätigkeitsanteilen entlasten und so zum Erhalt seiner Arbeits- und Leistungsfähigkeit beitragen.
Welche Schritte gehören aus Ihrer Sicht zum digitalen Transformationsprozess in einem Unternehmen?
Der digitale Transformationsprozess kann bedarfsgerecht initiiert werden und sowohl bei Prozessen, Produkten als auch beim Geschäftsmodell ansetzen – entscheidend ist dabei die Einbettung in die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Unabhängig vom konkreten Ansatzpunkt geht es darum, zuerst die Verfügbarkeit von Daten sicherzustellen, um darauf aufbauend Prozesse zu gestalten, die diese Daten mit Hilfe fester Regeln wertschöpfend nutzen (bspw. zur Produktionssteuerung in Abhängigkeit vom Fertigungsfortschritt an den eingelasteten Aufträgen). Anschließend können dynamische Regeln entwickelt werden, die sich basierend auf geeigneten Lernalgorithmen selbst weiterentwickeln. Derartige Ansätze werden häufig als Nutzung künstlicher Intelligenz beschrieben.
Auf welche Herausforderungen stoßen Unternehmen aktuell?
Viele Unternehmen benötigen Unterstützung bei der Identifizierung für sie passender Ansätze aus der Vielzahl an Möglichkeiten der Digitalisierung. Dies gilt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die meist nur über begrenzte Ressourcen verfügen. Dabei ist es wichtig, dass ausgewählte Ansätze zum Stand der Digitalisierung im jeweiligen Unternehmen und zu seiner strategischen Entwicklungsperspektive passen. Dabei besteht eine Herausforderung in der Entwicklung einer Unternehmenskultur, die den Veränderungsprozess unterstützt, klare Zuständigkeiten erlaubt und die Einbindung aller Beteiligten sicherstellt, so dass ausgestaltete Lösungen dem Bedarf entsprechen und Akzeptanz finden. Die aufgrund der fortschreitenden Digitalisierungsbestrebungen hohe Nachfrage nach IT-Fachkräften führt dazu, dass diese nur begrenzt verfügbar sind – dies betrifft vorwiegend kleine und mittlere Unternehmen geringer Bekanntheit – insbesondere wenn diese in ländlichen Regionen ansässig sind. Dort kann zudem eine mangelnde Breitbandanbindung als Digitalisierungshemmnis wirken.
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